Zur Person:
Prof. Dr. Ingo Hansmann
- Institut für Humangenetik
und Medizinische Biologie
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Uni Halle-Wittenberg - Inst. für Humangenetik und medizinische Biologie

Zur Veranstaltung:
Workshop Mittwoch den 2. Dezember:
„Analyse des Genoms“

Das „Humangenom Projekt“ hat in einer zu Beginn unerwartet kurzen Zeit die vollständige Sequenzierung des menschlichen Genoms ermöglicht. Durch die Verfügbarkeit in öffentlichen Datenbanken ist diese Sequenz für jeden zugänglich und transparent. Nicht nur für die Wissenschaft und Forschung ergaben und ergeben sich daraus völlig neue Möglichkeiten und Erkenntnisse, sondern diese Daten sind für die Entwicklung neuer diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen, in der Erkennung und Behandlung von Krankheiten zunehmend unverzichtbar. Von den mehr als 3.000 verschiedenen erblich bedingten bzw. mitbedingten Erkrankungen sind zwischenzeitlich mehrere hundert in ihrer molekularen Ursache aufgeklärt. Die Kenntnis der Ursachen einer Erkrankung ist eine der wesentlichen Voraussetzungen die molekulare Pathogenese aufzuklären und geeignete Therapiekonzepte zu entwickeln. Die Fortschritte aus diesen Untersuchungen sind beachtlich, nicht nur bei familiären Erkrankungen sondern auch bei sporadischen und familiär auftretenden Formen von Krebs. Paradigmatisch als Beispiel mag eine bestimmte Form von „Blutkrebs“, die chronisch myeloische Leukämie gelten. Über die Beschreibung des klinischen Bildes, dem Nachweis des Philadelphia-Chromosoms, der Charakterisierung der mit der Translokation t(9;22) einhergehenden Bildung eines normalerweise nicht im Körper vorkommenden Krankheitsverursachenden Hybridgens ABL-BCR wurde vor wenigen Jahren die molekulare Pathogenese aufgeklärt. Nicht viel später gelang es vor ca. 10 Jahren, ein gezielt gegen das von dem Hybridgen gebildeten neuartigen Eiweiß wirkendes Medikament zu entwickeln. Viele hundert Menschen in Deutschland verdanken diesem Medikament, dass sie nach der Behandlung als geheilt weiterleben können. Vor allem in Deutschland wurde dem Humangenom Projekt in Bezug auf den möglichen Missbrauch der Daten – der gläserne Mensch – mit großer Skepsis begegnet. Eine entsprechende Gesetzgebung, jüngst durch das sog. Gendiagnostikgesetz, hat sehr früh Rechts sicherheit geschaffen. Die Forschungsgesellschaften haben dazu unterstützend entsprechende Leitlinien zur Vermeidung z.B. des Missbrauchs der Daten erlassen. Mit dem Humangenom Projekt wird einmal mehr deutlich, dass verantwortlich wahrgenommene Forschungsfreiheit ein unschätzbarer Wert ist und zu außergewöhnlichen und wertvollen Erkenntnissen führen kann.