Zur Person:
Dr. Klaus-Peter Wilbois
- FiBL Deutschland e.V

FIBL Deutschland

Zur Veranstaltung:
Vortrag, Donnerstag den 3. Dezember:
„Grenzziehung - wo fängt Gentechnik an?
Und welche Methoden sind mit dem Oekolandbau vereinbar?“

In den letzten Jahrzehnten haben biotechnologische Methoden in der Pflanzenzüchtung einen ernormen Zuwachs erfahren. Als wohl bekanntestes Beispiel biotechnologischer Methoden in der Pflanzenzucht gelten gentechnische Modifikationen (GM), mit deren Hilfe gentechnisch modifizierte Organismen (GMO) erstellt werden. In Ländern wie z. B. den USA, Argentinien und Kanada stellen GM-Soja, -Mais oder –Rapspflanzen sehr hohe Anbauanteile, die teilweise weit über 90% der Gesamtproduktion ausmachen (z. B. 98% der Gesamtsojaanbaufläche in Argentinien im Jahr 2008 (1) ).

Laut der in der EU gültigen Richtlinie 18/2001 ist ein GMO ein „Organismus…, dessen genetisches Material so verändert worden ist, wie es auf natürliche Weise durch Kreuzen und/oder natürliche Rekombination nicht möglich ist.“ Diese Definition orientiert sich eher am Endprodukt als am Prozess der gentechnischen Veränderung und bietet damit mitunter eine Herausforderung für Forscher, zwar die Prozesse der GM zu nutzen, dabei aber eine Pflanze zu produzieren die nicht unter die gesetzliche Definition von GMO fällt. Als Beispiel hierfür können cisgene Pflanzen gelten, bei denen Gene aus einer mehr oder weniger verwandten Art mittels gentechnischer Methoden auf den Zielorganismus übertragen werden.

Im ökologischen Landbau ist der Anbau von GMO gemäß IFOAM Basisrichtlinien (IFOAM 2008) ausgeschlossen. Dieser Ausschluss bezieht sich jedoch nicht nur orientiert am Endprodukt auf GMO, sondern zielt auf den Prozess der GM ab. Das bedeutet, dass unter Umständen auch solche Züchtungsmethoden und deren Ergebnisse nicht im Einklang mit den Prinzipien des ökologischen Landbaus sein können, die gemäß den gesetzlichen Regelungen nicht als GMO anzusprechen sind. Dies ist deshalb von besonderer Bedeutung, da die gesetzliche Regelungen Methoden wie die Zellfusionstechniken zwar grundsätzlich der GM zurechnen, aber deren Produkte dann nicht den GMO zuordnen, wenn die Fusion zwischen Pflanzenzellen von Organismen stattfindet, die mittels herkömmlicher Züchtungstechniken genetisches Material austauschen können. Hieraus ergibt z.B. mit Blick auf die mittlerweile in der gartenbaulichen Praxis häufig anzutreffenden CMS-Hybriden (2) bei Kohlarten wie Blumenkohl, Brokkoli, Kohlrabi etc. eine unterschiedliche Bewertung: Während der Gesetzgeber diese Gewächse nicht als GMO einstuft, hat die IFOAM Generalversammlung in Modena 2008 einmal mehr bestätigt, dass Zellfusionen zur GM zu rechnen und diese Methoden und ihre Produkte entsprechend nicht im Einklang mit den Grundsätzen des ökologischen Landbaus sind.

Insbesondere in Europa ist aufgrund der allgemein starken Ablehnung von GMO und des sehr aufwändigen Zulassungsprozesses in den biotechnologischen Züchtungsmethoden eine Tendenz hin zu gentechnischen Methoden und Techniken erkennbar, deren Produkte außerhalb der gesetzlichen Definition eines GMO liegen. Dadurch bedingt erwächst insbesondere für den privatrechtlich organisierten ökologischen Landbau aktuell und in Zukunft die Aufgabe einer Grenzziehung zwischen Züchtungsmethoden, die der GM zuzurechnen sind, sowie jenen, die den eigenen Kriterien gerecht werden und somit über den gesetzlichen Vorgaben liegen.

1 Quelle: www.transgen.de
2 CMS = Cytoplasmatische Männliche Sterilität