Podiumsdiskussion

Es gibt viele Problematiken, die an den Import von Soja gekoppelt sind, wie zum Beispiel Landgrabbing, Regenwaldrodungen und hohe Transportemissionen. Gleichzeitig ist Soja eine kostengünstige Eiweißquelle mit einem hohen Anteil an essentiellen Aminosäuren, die wiederum für die Tiergesundheit unabdingbar sind.

Mit der Podiumsdiskussion "Eiweißversorgung - Herausforderungen in der Tierernährung" möchten wir unterschiedliche Alternativkonzepte thematisieren und diskutieren, wobei vor allem auch die Tiergesundheit im Vordergrund steht. Wie kann es gelingen Eiweißversorgung ökologisch und ökonomisch in Bezug auf die Futtermittel zu gestalten, ohne die Tiergesundheit zu vernachlässigen?

Moderation:

Dr. Birgit Wilhelm, WWF (s."Vortrag "Fleisch frisst Land")

Auf dem Podium:

Prof. Dr. Gerhard Bellof, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (s. Vortrag "Eiweißfuttermittel in der Nutztierhaltung)

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Werner Vogt-Kaute studierte Landwirtschft an der FH Weihenstephan – Schönbrunn. Er ist seit 1989 als Berater beim Naturland Verband tätig. Seine Schwerpunkte sind Ackerbau, Saatgut, Pflanzenzüchtung und Geflügel. Eine weitere Aufgabe liegt in der Qualitätssicherung von Futtermitteln. Im Nebenerwerb bewirtschaftet er in Unterfranken mit seiner Ehefrau seit 1987 einen Öko-Betrieb mit Ackerbau, Streuobst, Legehennen, Mutterkühen und Pferden.

Sojafreie Fütterung - eine Alternative?

Da Wiederkäuer am wenigsten auf Soja als Futtermittel angewiesen sind, beziehe ich mich auf Schweine und Geflügel. Aktuell gibt es sowohl in der konventionellen als auch in der ökologischen Schweine- und Geflügelfütterung schon Rationen ohne Soja. In der konventionellen Landwirtschaft liegt die Ursache in der Angst vor Versorgungsengpässen mit gentechnikfreiem Soja. Soja kann ziemlich gleichwertig durch Raps- und Sonnenblumenkuchen (konventionell durch Extraktionsschrote) ersetzt werden. Auch alle anderen Ölkuchen wie Leinkuchen, Leindotterkuchen und Sesamkuchen eignen sich als Teilmengen. Der Ersatz von Soja durch Raps und Sonnenblumen bedeutet im ökologischen Landbau aber keine Änderung der Konstellation, da bei diesen Kulturen der Selbstversorgungsgrad in Deutschland ähnlich gering wie bei Soja ist. Die Fütterung wird dadurch nicht regionaler. Um die Fütterung regionaler gestalten zu können, muss im Öko-Landbau an mehr Schrauben gedreht werden. Als wichtigste Möglichkeit erscheint mir die Erhöhung der Aminosäuregehalte (besonders Methionin) in den Energiefuttermitteln. Damit kann der Anteil der Eiweißkomponenten in den Rationen reduziert werden. Hinweise für große Variabilität in den Methioningehalten gibt es bei Mais und Hirse. Desweiteren werden bisher nicht genutzte Eiweißquellen (z.B. Bakterieneiweiß, Fliegenmaden) an Bedeutung gewinnen.



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Prof. Dr. Albert Sundrum ist Leiter des Fachgebiets für Tierernährung und Tiergesundheit der Universität Kassel. Die Forschung seines Fachgebiets befasst sich mit der Beurteilung der Gesundheit und des Wohlbefindens der Nutztiere im ökologischen Landbau. Dabei wird speziell der Einfluss der Nährstoffversorgung auf die Tiergesundheit und das Wohlbefinden betrachtet. Zuvor hat er in Göttingen im Fach Tiermedizin promoviert und anschließend zunächt als PD am Institut für ökologischen Lanbau gelehrt, wo er schließlich als Juniorprofessor tätig war. Von 2002 bis 2013 arbeitete er zudem im wissenschaftlichen Beirat des BMELV und koordniniert nun das EU-Projekt „IMPRO“.

So nicht - wie dann?

So sehr Gründe für eine zurückhaltende Haltung gegenüber dem Einsatz von Sojabohnen aus Drittländern bei der Fütterung von Nutztierhaltung berechtigt und nachvollziehbar sind, so entbehrt die Absage („so nicht“) an ein Produktionsmittel vor allem eines belastbaren Alternativvorschlages.[...] Bezogen auf die Sojabohne als Futtermittel mangelt es nicht an Alternativen, um dieses, an essentiellen Aminosäuren reiche Produktionsmittel zu ersetzen. [...] Die Qualitätserzeugung scheitert nicht am Mangel an spezifischen Produktionsmitteln, sondern vor allem an der mangelnden Befähigung zur Durchdringung der Komplexität des Wirkungsgefüges und der Variation, die es auf den verschiedenen Prozessebenen zu bewältigen gilt. [...] Der Verzicht auf einzelne Produktionsmittel, wie er für den „Öko-Landbau“ charakteristisch ist,[...] schafft zunächst einmal neue Herausforderungen. Ohne den Nachweis, dass mit einer veränderten Konzeption auch Ziele, wie eine bedarfsorientierte Versorgung von Nutztieren, eine hohe Produktqualität oder ein hoher Tiergesundheitsstatus erreicht werden, läuft der Protest gegen Einzelaspekte vor allem Gefahr, von den eigenen Herausforderungen und Aufgaben [...] abzulenken. Angesichts begrenzt verfügbarer Ressourcen und mentaler Energien zur Entwicklung von Alternativkonzepten, stellt sich nicht nur bei der Sojabohne die Frage nach einer möglichst effizienten Alternativstrategie. Im evolutiven Sinne kann sich nur das, was effizienter ist als das Vorherige, langfristig im Wettbewerb um zukunftsfähige Konzepte behaupten.

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Christoph Dahlmann ist Projektleiter des Leguminosenprojektes „Vom Acker in den Futtertrog“ der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft – AbL NRW. Der Diplom – Agraringenieur studierte Agrarwissenschaften in Göttingen und arbeitete als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Kassel am Fachbereich für Ökologische Agrarwissenschaften in Witzenhausen mit dem Arbeitschwerpunkt Mischanbau mit Leguminosen. Innerhalb seiner jetzigen Tätigkeit ist es ihm wichtig eine Eiweißinitiative zu starten, die zu einer deutlichen und nachhaltigen Erhöhung von regional und gentechnikfrei erzeugten Eiweißpflanzen in bäuerlichen Strukturen führt. Mit seiner Lebensgefährtin, Silke Poesthorst, bewirtschaftet Christoph Dahlmann einen Bioland-Milchschafbetrieb mit eigener Käserei und Direktvermarktung nördlich von Osnabrück.

Die Agrarpolitik muss handeln

In der ökologischen Landwirtschaft wird es sehr wahrscheinlich Ende 2017 zum Auslaufen der Sondergenehmigung vom Einsatz 5 % konventioneller Eiweißfuttermittel kommen. Im konventionellen ist Import-Soja ein wichtiger Baustein zur (Über) Produktion tierischen Eiweiß. Aber auch im konventionellen Landbau ist eine hohe Import-Soja-Substitution rein produktionstechnisch gesehen möglich. Die Herausforderungen um diese Ziele zu erreichen liegen nicht nur auf der betrieblichen Ebene, sondern auch in agrarpolitischen Maßnahmen die nicht mehr auf eine zunehmende Exportorientierung und Höchstleistungen setzt.