Zur Person:

Carsten Weiß, Jg. 1975, Dr. phil., Dipl. Päd., Dipl. Soz.-Päd., ist Wissenschaftler in Forschung und Lehre im Fach Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Sozialpolitik an der Universität in Siegen. Besondere Erfahrungen in der aufsuchenden Feldforschung sowie in der Triangulation reaktiver und non-reaktiver Verfahren, und zwar insbesondere vor dem Hintergrund der Durchführung einschlägiger – auch experimentell angelegter – Evaluationsprojekte in der Arbeits- und Beschäftigungsförderung. Vor seiner Tätigkeit an der Hochschule arbeitete er in einer Arbeitslosenberatungsstelle in Düsseldorf als Sozialpädagoge.

Forschungschwerpunkte: Evaluation im Rechtskreis des SGB II, Sozialpolitik im ländlichen Raum, illegale Beschäftigung, Mittelschicht, Event Structure Analysis, kommunales Demografie-Management.

 

Vortrag:
"Langzeitarbeitslose in der ökologischen Landwirtschaft"

Die ökologische Landwirtschaft kann ein wertvoller Ort für Langzeitarbeitslose sein. Diese in ihren Merkmalen heterogene Zielgruppe setzt sich häufig zusammen aus am Arbeitsmarkt benachteiligten Personengruppen, wie z.B. Ältere, gering qualifizierte Arbeitslose, jugendliche Arbeitslose, Migranten_innen sowie weiterer Personen, die aufgrund von objektiver Arbeitsmarktlage und/oder individueller Barrieren nicht unmittelbar auf dem „Ersten Arbeitsmarkt“ eine Stelle finden. Soziale Arbeit in der ökologischen Landwirtschaft ist wertvoll, da, im Gegensatz zu entfremdeter Arbeit, durch den Verzicht auf Chemie in der Unkrautvernichtung und Düngung nicht nur die Arbeitssicherheit erhöht wird, sondern auch viele zusätzliche Arbeitsplätze benötigt werden, die den Mitarbeitenden vielfache Tätigkeiten bieten. Die Identifikation mit den Arbeitsplätzen wird durch die Nachvollziehbarkeit der geschlossenen Betriebskreisläufe zur Nahrungsmittelproduktion („Vom Aussäen bis zum Verkauf des selbst geernteten Produkts“) ermöglicht. Im ganzheitlichen Sinne leistet jeder und jede einen Beitrag zum Gelingen des Gesamtprojektes als eine organisatorische Einheit. Die Teilnehmenden sehen im wörtlichen Sinne die „Früchte“ ihrer Arbeit und können diese auch Hofbesuchern_innen bzw. Kunden_innen im Hofladen präsentieren und anbieten. Die artgerechte Tierhaltung ermöglicht einen intensiven Kontakt zu den Tieren, der nicht zuletzt ein hohes Maß an Verantwortung für die Lebewesen beinhaltet und die Notwendigkeit des persönlichen Engagements täglich verdeutlicht, wie etwa die pünktliche und zuverlässige Tierversorgung, da andernfalls Tiere leiden würden. Langjährige Evaluationsprojekte haben gezeigt, dass diese „besondere Qualität“ der sozial- und arbeitspädagogischen Maßnahmen in der Landwirtschaft empirisch messbar gemacht werden kann, was durchaus auch eine legitimatorische Funktion für die Finanzierung dieserart Projekte beinhalten kann. Allerdings hat eine konsequente Engführung der aktivierenden Arbeitsmarktpolitik auf workfare in Kombinationen mit deutlichen Einschränkungen der Finanzierungsmöglichkeiten durch arbeitsmarktpolitische Instrumente im Rechtskreis des SGB IIs (Zusätzlichkeit, Wettbewerbsneutralität etc.) dazu geführt, dass der Ausblick in die Zukunft der sozialen Landwirtschaft mit von Langzeitarbeitslosigkeit betroffenen Menschen relativ desillusionierend ausfallen wird. Umso mehr freue ich mich darauf, am 9.12. gemeinsam über hoffnungsvolle Wege der ökologischen Landwirtschaft nachzudenken und zu diskutieren.