Sollten wir Tiere halten? - Nutztierhaltung aus ethischer Sicht

Zur Person

 

Prof. Dr. Peter Kunzmann machte sein Diplom in katholischer Theologie. Seine Promotion und Habilitation schrieb er in Philosophie und war danach an verschiedenen Universitäten wie der Universität Würzburg, Zielona Góra (Polen), München und Jena tätig. Seit 2004 ist er apl. Professor für Philosophie in Würzburg und seit Juli 2015 Professor für „Angewandte Ethik in der Tiermedizin“ an der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Des Weiteren ist er Mitglied u.a. im Kompetenznetzwerk Nutztiere am BMEL, Kuratorium der Dt. Gesellschaft für Agrarrecht und ist im Beirat der Initiative Tierwohl.

Zum Vortrag

Donnerstag, 24.11.22 | 9:10 - 10:45 Uhr
Sollten wir Tiere halten? - Nutztierhaltung aus ethischer Sicht

In der Frage nach einer moralisch verantwortbaren Tierhaltung treffen zwei Denk-Stränge zusammen: Der eine betrifft die ökologischen und öko-ethischen Folgen der Tierhaltung. Der andere betrifft die im engeren Sinne tier-ethischen Folgen der Tierhaltung. Die Grenze zwischen diesen beiden Perspektiven lässt sich wie folgt ziehen: Die erste Gruppe von Problemen bemisst sich unlösbar nach der Zahl der gehaltenen Tiere. Mit der Zahl der gehaltenen Tiere steigen der Futterbedarf und der Ausstoß von Emissionen. Je mehr Tiere gehalten werden, um den Bedarf der Menschen an tierlichen Produkten zu decken, desto höher wird der Aufwand, diese Tiere zu ernähren. Damit verschärft der Zuwachs an tierlicher Produktion den Anspruch auf die knapper werdenden Ressourcen, die aus der pflanzlichen Nutzung von agrarisch nutzbaren Flächen entspringen und damit deren Begrenzung unterliegen. Anders gesagt, verschärft eine höhere Konsumption von Fleisch, Eiern und Milch den Konflikt zwischen Tank, Teller und Trog. Das ist nicht neu und wurde in den letzten Jahren um die Klimakrise verschärft. In diesem Punkt gibt es keinen anderen ethischen Fingerzeig als den der Mäßigung; vielleicht auch den des Verzichts. Eine andere Frage hat dagegen unmittelbar tier-ethischen Belang. Für die Haltung von Tieren besteht das zentrale moralische und ethische Thema darin, was wir Tieren zumuten dürfen, wenn wir sie unserer Nutzung unterwerfen oder unter den Bedingungen der heutigen tierethischen Diskussion: ob wir Tiere zur Nahrungsmittelproduktion überhaupt nutzen dürfen oder ob wir gar überhaupt Tiere halten dürfen. Während die öko-sozialen Folgelasten der Tierhaltung unlösbar mit der Zahl der gehaltenen Tiere korrelieren, ist der Kernpunkt einer „tier-gerechten“ Haltung nicht und nicht direkt damit verbunden. Auch wenn es so aussieht und gerne damit verbunden wird. Der Vortrag soll die Einwände und Einsprüche gegen die moderne Tierhaltung so sortieren, dass deutlich wird, welche praktische Konsequenz aus welcher moralischen Position resultiert.