Vorträge Mittwoch
Vortrag 1: Lebensmittelverluste in der Produktion und Ernte
Der Vortrag benennt Verluste von (potentiellen) Lebensmitteln anhand verschiedener Kulturen. Einerseits gibt es produktionstechnisch (unvermeidbare) Verluste, andererseits gibt es Verluste aufgrund von Vorgaben durch Handelspartner oder aufgrund von mangelnder Qualität, durch Schädlingsbefall, Krankheiten, oder das Produktionsziel wurde nicht erreicht. Zuletzt gibt es Verluste aufgrund von fehlender Abnahme.
Abschließend werden Forderungen zur Minimierung solcher Verluste gestellt, um mehr (soziale, ökologische und ökonomische) Nachhaltigkeit zu erreichen. Diese Forderungen umfassen zum Beispiel den Bedarf nach fortwährender Förderung von Forschung, Planungssicherheit, fairen Handelspraktiken, Pflanzenschutzmitteln oder auch nach Bürokratieabbau.
Vortrag 2: Praxiseinblick in die Nachernte - Können nicht alle Karotten auf den Teller?
Bei der Vermarktung von Feldgemüse und Kartoffeln sehen sich Landwirtinnen und Landwirte häufig mit Preisabzügen konfrontiert – oft aufgrund vermeintlicher Qualitätsmängel. Doch wie hoch sind diese Abzüge tatsächlich? Sind sie gerechtfertigt oder sogar notwendig? Und wie wirken sich Marktmechanismen auf Qualitätsstandards aus?
Der Vortrag gibt Einblick in die Praxis am Beispiel der Hessischen Staatsdomäne Frankenhausen und stellt aktuelle Forschungsergebnisse vor. Dabei wird aufgezeigt, wie sich die Menge an sogenannter B-Ware verringern lässt und welche alternativen Verwertungswege für diese Produkte bestehen.
Vortrag 3: Möglichkeiten der Lebensmittelweitergabe
Weltweit und auch in Deutschland werden zahlreiche Lebensmittel verschwendet, die bei rechtzeitiger Verwendung noch zum Verzehr geeignet gewesen wären. Damit einher gehen ein Ressourcenverbrauch und negative Umweltauswirkungen, die durch die Produktion, die Verarbeitung sowie den Transport von Lebensmitteln entstehen und vermeidbar wären. Gleichzeitig sind Menschen von Ernährungsarmut betroffen. Die Lebensmittelweitergabe bietet ein Potenzial, um sowohl Lebensmittelverluste und -verschwendung entlang von Wertschöpfungsketten zu verringern als auch Einfluss auf die Ernährungsversorgung derer zu nehmen, die auf Weitergaben und bessere Verteilung angewiesen sind. Der Vortrag gibt einen Einblick in das Thema Lebensmittelweitergabe, zeigt verschiedene Beispiele auf und gibt einen kleinen Überblick in aktuelle Möglichkeiten, Chancen und Hürden der Lebensmittelweitergabe und Ideen, wie dadurch noch mehr Lebensmittel gerettet werden könnten.
Workshops Mittwoch
Workshop 1: Zu gut für die Tonne App-Vorstellung
Jeder kennt es, eine gammelige Möhre hat sich ganz hinten in der Kühlschrankschublade versteckt oder das letzte Stück Brot hat Schimmel angesetzt. Lebensmittelabfälle in privaten Haushalten passieren, doch wie können wir diese möglichst gering halten? Und wie viel, was genau und vor allem warum landen Lebensmittel in der Tonne? Das digitale Küchentagebuch in der Zu-gut-für-die-Tonne!-App bietet die Möglichkeit zuhause die eigenen Abfälle zu tracken. Dadurch wird wertvolles Wissen gesammelt. Die App unterstützt mit individuellen Tipps, z.B. zur Lagerung und Restverwertung. In diesem Workshop werden aktuelle Arbeiten im Projekt „Dialogforum private Haushalte 2.0 – Reduzierung der Lebensmittelverschwendung“ dargelegt. Die App kann direkt ausprobiert und Feedback an das Entwicklerteam gegeben werden.
Workshop 2: Ernten ohne Reste – Das Prinzip SoLaWi
Wie können wir dafür sorgen, dass mehr Gemüse vom Acker tatsächlich genutzt wird? Die SoLaWi Gemüseinsel möchte dazu Impulse geben und lädt dazu ein, gemeinsam nach neuen Ideen zu suchen. Im Workshop wird gezeigt, wie bei ihnen das Prinzip der solidarischen Landwirtschaft gelebt wird und worin sich ihre Qualitätsvorstellungen von üblichen Handelsnormen unterscheiden.
Es werden Themen wie Mindestgewichte, Formen, Größen und Schädlingsbefall behandelt, ebenso wie die Frage, wie vermeintliche „Reste“ sinnvoll genutzt werden können. Wichtig ist ihnen der Austausch mit den Mitgliedern der SoLaWi: Wie können Kommunikation und Kreativität dazu beitragen, dass weniger Gemüse verloren geht? Fast alles lässt sich mit dem richtigen Marketing verwenden. Und selbst wenn nicht - manchmal gilt auch: Kompostwirtschaft ist auch Kreislaufwirtschaft.
Workshop 3: Slowfood
In diesem Workshop geht es darum, die entscheidende Rolle der Wertschöpfung bei dem Vermeiden der Lebensmittelverluste und Veredeln verschiedener Produkte zu verdeutlichen. Die Wertschätzung sorgt dafür, dass der Aufbau und die Erweiterung von Verarbeitungsstrukturen für regionale Lebensmittel in den Räumen gewährleistet werden kann. Ein Beispiel wird die Wertschöpfungskette der Esskastanie sein. Zu dem Workshop werden jegliche Art von Akteuren eingeladen, von Erzeugern über Förster bis zu Gastronomen, deren Beiträge beim Kurs verknüpft werden. Die Teilnehmenden können mit ihnen ins Gespräch kommen, Fragen stellen und diskutieren. Währenddessen wird Müsli aus den Lebensmitteln und Waren, die die Akteure mitbringen, hergestellt.
Workshop 4: Think Global, Act Local
„The Good Food“ ist ein Laden aus Köln, in dem Kund:innen mit ihrem Einkauf aktiv Lebensmittel retten. Das Team aus Ehrenamtlichen sammelt bei Landwirt:innen, Großhändler:innen und im Einzelhandel aussortierte, aber genießbare Produkte und bietet sie zum Prinzip „Zahl, was es dir wert ist“ an.
In dem Workshop gibt die Gründerin von „The Good Food“ Nicole Klaski Einblicke in den Arbeitsalltag des Unternehmens und teilt ihre Erfahrungen aus der Lebensmittelrettung ebenso wie kuriose Anekdoten. Wie ist “The Good Food” entstanden? Welche organisatorischen und logistischen Schritte stecken dahinter? Welche Herausforderungen begegnen Nicole und ihrem Team? Und wie können wir uns von den Erfahrungen inspirieren lassen, um gemeinsam Lebensmittel zu retten?
Im interaktiven Teil nimmt Nicole Klaski die Teilnehmenden mit hinter die Kulissen von „The Good Food“: Hier werden globale Zusammenhänge der Lebensmittelverschwendung greifbar, und es entsteht Raum für Austausch, Fragen und praktische Inspiration, wie jede:r selbst zum Lebensmittelretter oder zur Lebensmittelretterin werden kann.
Workshop 5: Verluste in der Erntetechnik
In diesem Workshop werden die Verluste, die schon bei der Ernte von Lebensmitteln auftreten können, intensiv betrachtet. Beispielhaft werden vier wichtige Kulturen aus den Bereichen Druschfrüchte, Hackfrüchte und Beerenobst angesprochen und diskutiert. Die Betrachtung der Verluste hat für landwirtschaftliche Unternehmer natürlich in erster Linie wirtschaftliche Aspekte. Somit können selbst Faktoren wie Arbeitskräftemangel und Mindestlohn einen entscheidenden Einfluss auf die Ernteverluste haben. In der Praxis werden Verluste bewusst in Kauf genommen, aber leider auch viel zu oft nicht richtig bewertet. Bei der Maschinenoptimierung spielt somit die Ausbildung und Motivation der Fahrer eine entscheidende Rolle. Verbesserte Sensorik, moderne Assistenzsysteme und autonome Lösungen finden daher zunehmend Einzug. Wo hier die Stellschrauben zur Verlustoptimierung der Zukunft liegen, wird gemeinsam erarbeiten.
Workshop 6: Vom Food Waste zur Milch: Fütterungsstrategien indischer Kleinbauern als Modell für eine Kreislaufwirtschaft
Wie können Lebensmittelverluste sinnvoll genutzt werden? In diesem Workshop wird ein praxisnaher Blick auf Food Waste (FW) und dessen Einsatz als Futter für Milchkühe in Indien geworfen. Nach einem kurzen Impulsvortrag der Moderatorinnen zum Thema FW in Indien entwickeln die Teilnehmenden in einer oder zwei Gruppen Vorschläge für Vorgehensweisen, mit denen dieses Thema eingehend beleuchtet werden kann. Dabei werden sowohl für die Seite der Verursachenden (z. B. Haushalte, Lebensmittelindustrie) als auch für die der Nutzenden (landwirtschaftliche Betriebe mit Milchviehhaltung) die klassischen W-Fragen durch den Workshop leiten: Wer? Warum? Was? Wo? Wie viel?
Nach einer eingehenden Diskussion unserer Ergebnisse vergleichen wir diese mit bisherigen Erkenntnissen aus der Forschung der Moderatorinnen in Bengaluru in Indien.
Abendveranstaltung: SDG+Lab Food-Upcycling-Abend
In der Lebensmittelproduktion entstehen regelmäßig sogenannte „Reststoffe“ – etwa bei der Ölgewinnung, der Fruchtsaftherstellung oder in der Getreidemühle. Oft werden sie entsorgt oder an Tiere verfüttert, obwohl sie für die menschliche Ernährung genutzt werden könnten.
Am Beispiel der Ölgewinnung zeigen wir, welche Reststoffe entstehen und wie sie in der Küche oder Gastronomie zu neuen, schmackhaften Gerichten verarbeitet werden können.
Im Anschluss möchten wir mit den Teilnehmenden über Erfahrungen und Ideen zum Umgang mit Reststoffen in der Wertschöpfungskette ins Gespräch kommen und den Tag beim Herstellen und Genießen von schmackhaften „Upcycling“-Beispielen ausklingen lassen.
Die Veranstaltung ist eine Kooperation der Witzenhäuser Konferenz und des SDG+ Lab der Universität Kassel, einem Innovationslabor, das Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft vernetzt, um gemeinsam Lösungen für nachhaltige Entwicklung entlang der 17 SDGs zu entwickeln.